Textilgewerbe, Maschinenbau, Elektro- und Chemieindustrie im 19. Jahrhundert

„Einen Markstein im Werdegang der deutschen Konfektion bildete der deutsch-französische Krieg. Paris war abgeschnitten, und Englands und Amerikas Einkäufer, die sonst in Paris zu kaufen pflegten, fanden den Weg nach Berlin. Sie lernten hier neue Bezugsquellen kennen und schätzen, und ein gewaltiger Aufschwung der Berliner Damenkonfektionsgeschäfte setzte damals ein. Schon 1871 bestanden … 60 Engros-geschäfte der Damenkonfektion, die etwa 600 Zwischenmeister und 6.000 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigten. Amerika, England, Holland und die Schweiz, Russland und Skandinavien kauften in Deutsch­land, und der Export im Jahre 1875 wird auf 10 Millionen Mark, der Absatz im Inland auf 13 Millionen Mark angesetzt.“ (Mitteilungen des Verbandes der Damenmode, Berlin 1918, Heft 3-4, Seite 50 ff)

Obwohl Manufakturen, sowohl im Textil- wie im Metallgewerbe, schon im 18. Jahrhundert in Berlin verbreitet waren, entsprang die Entwicklung der modernen Industrie auf anderer Grundlage. Es waren vor allem reiche Handwerker, gut ausgebildete Techniker, wohlhabende Stadtbürger und Großkaufleute, die an der Wiege der ersten Industriebetriebe Berlins standen.

Mit dem Maschinenbau begann es, der auf den Vorarbeiten der Königlichen Eisengießerei aufbauen konnte und ab den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts einen raschen Aufschwung nahm. Es war Borsig, der 1837 seine erste Fabrik an der Chausseestraße errichtete und durch den fast gleichzeitig beginnenden Eisenbahnbau befördert, einen raschen Aufstieg nahm.

Zehn Jahre später, am 1. Oktober 1847, gründete Werner von Siemens, zusammen mit dem Feinmechanikermeister Johann Georg Halske die Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske in Berlin. Zu Beginn bildete der von Siemens konstruktiv verbesserte Zeigertelegraph die Geschäftsgrundlage, bald aber schon verlegte das Unternehmen Telegraphenkabel in Russland und durch die Ozeane der Welt.

Im Jahr 1851 kaufte Ernst Christian Friedrich Schering die Schmeisser’sche Apotheke in der Chausseestraße. In seinem kleinen Laboratorium produzierte er ab 1854 Chemikalien „besonderer Reinheit“, die die Gesundheit der Patienten nicht belasten sollten. Nachdem er auf der Pariser Weltausstellung 1855 eine Silbermedaille für seine Präparate erhielt begann ab dem Folgejahr die Nachfrage zu steigen. Die Geburtsstunde der chemischen Industrie in Berlin.

Das Textilgewerbe hatte eine lange Tradition in Berlin, zur Weltgeltung sollte es nach 1870 kommen, als Paris durch den Deutsch-Französischen Krieg als Modestadt ausfiel. Es waren vor allem jüdische Bekleidungshäuser, die seit 1836 dafür die Vorausset­zung schufen: Hermann Gerson, Gebrüder Manheimer, Rudolph Hertzog und David Leib Levin. Sie betrieben ihr Geschäft im Verlagssystem und 1894 hatte allein Gerson einen Jahresumsatz von 30 Millionen Mark.

Das Bild rechts oben zeigt Borsigs Fabrik an der Chausseestraße (E. Biermann, 1847).

Siemens EG und Halske 2. Stock - Werkstatt 1. Stock - 1851

Grüne Apotheke von Schering - 1894

Damenmodegeschäft Gerson am Werder´schen Markt -Payne - 1850